Die Kommunikation mit dem Kunden spielt eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung von Apotheken.
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Digitalisierung in der Apotheke: Customer First als Erfolgsstrategie

Digitalisierung in der Apotheke
Digital Transformation

Rezepte aus der Blockchain, AR-Brille gegen Parkinson, Beratung in der KI-Klinik – es gibt zahlreiche spannende Ansätze für digitale Lösungen im Gesundheits- und Apothekenmarkt. Doch die richtig grossen disruptiven Player sucht man bisher eher vergebens. Gesetzliche Hürden bilden häufig Barrieren für innovative Konzepte, doch ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis diese Hürden fallen.

Ein Unternehmen, welches bereits jetzt in Sachen Digitalisierung für Apotheken viel leistet und vorantreibt, ist ProPharma. ProPharma bietet Softwarelösungen und die passende Hardware an, um die täglichen Prozesse einer Apotheke abzudecken. Ihr Ziel ist es, am Puls vom Markt zu bleiben und Apotheken bei der Veränderung ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen. Dafür entwickeln sie ihre Produkte stetig weiter und entwickeln beispielsweise neue Module, die Bedürfnissen des Online-Handels besser gerecht werden.  Wir haben uns mit Marcel Meier, dem Leiter für Gruppen- und Kettenprojekte bei ProPharma getroffen, um mehr über aktuelle Trends und Herausforderungen im Apothekenmarkt zu erfahren.

 

Patienten informieren sich immer mehr online, Medikamente können auch online bestellt werden – braucht es Apotheken in Zukunft überhaupt noch?

 

Medikamente sind keine normale Handelsware. Bei der Einnahme muss man auf Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen achten. Die Medikationsbeurteilung in die Hände der Konsumenten zu legen, ist nicht der richtige Ansatz. Apothekerinnen und Apotheker sind hierfür speziell ausgebildet und können entsprechend beraten.

 

Obwohl Apotheken demnach eine wichtige Anlaufstelle in Gesundheitsfragen sind, kommen sie immer mehr unter Druck. Welchen Herausforderungen stehen Apotheken gegenüber?

 

Apotheken bewegen sich in einem sehr regulierten Markt. Die vom Staat vorgegebenen Richtlinien definieren genau, welche Marge eine Apotheke auf ein gewisses Medikament haben darf. In den letzten Jahren ist dieser Margenanteil immer kleiner geworden. Ein Dilemma besteht darin, dass sich für Apotheken weder der Verkauf günstiger noch der Verkauf teurer Medikamente lohnt. Da selbst bei sehr teuren Produkten die Marge auf 240 Franken limitiert ist, scheuen manche Apotheken das hohe unternehmerische Risiko. Effektiv lohnen sich nur noch Medikamenten im mittleren Preisbereich.

Mit Kosmetik- und Drogerieprodukten konnten sich Apotheken ein zweites Standbein aufbauen, um den Margendruck abzufangen. Doch diese margenmässig interessanteren Sortimente wandern nun zum grossen Teil in den Online-Handel ab. Die schlechtere Ertragslage zwingt Apotheken dazu, ihr Geschäftsmodell anzupassen oder gar komplett neu auszurichten. Doch da die regulatorischen Rahmenbedingungen sehr strikt sind, erlauben sie wenig kreative Versuche. Bei der Ausarbeitung moderner (digitaler) Geschäftsideen gibt es zahlreiche Vorgaben zu beachten, wodurch jeglicher Schwung rausgenommen wird.

 

Die Branche muss sich also zwangläufig verändern. In welche Richtung geht die Reise?

 

Fakt ist, dass die Apotheke zukünftig der Abhängigkeit von den Produktverkäufen entkommen muss. Deshalb gibt es aktuell zahlreiche Projekte, die Apotheke als erste Anlaufstelle in Gesundheitsfragen zu positionieren. Die Idee ist, dass man nicht zuerst zum Arzt geht oder in die Notaufnahme geht, sondern in die Apotheke. Apothekerinnen und Apotheker sind sehr gut ausgebildet und ihre Dienstleistungskompetenz ist weit grösser, als einfach nur «Produkte verkaufen». Jedoch braucht es hier noch viel Aufklärungsarbeit beim Kunden. Die Vorteile von Apotheken liegen klar auf der Hand: Sie haben attraktive Standorte, lange Öffnungszeiten und die Schwelle für eine Konsultation ist sehr niedrig. Dieser Paradigmenwechsel – weg vom Pillenverkäufer hin zu Gesundheitsdienstleister – muss natürlich nicht nur bei den Apotheken selbst, sondern auch beim Kunden stattfinden.

 

Was empfehlen Sie einer kleineren Apotheke, damit sie auch in 10 Jahren noch existiert?

 

Apotheken müssen zukünftig mehr Einnahmen mit Dienstleistungen erzielen. Viele Dienstleistungen bieten sie bereits. Angebote wie Hauslieferdienst, Impfen oder die Vorbereitung der Medikamentendosen für ältere Patienten sind in der Bevölkerung zu wenig bekannt. Deshalb muss dies zum einen stärker ins Bewusstsein der Kunden gerückt werden, zum anderen braucht es zusätzliche neue Angebote. Beispielsweise haben insbesondere im städtischen Umfeld viele Menschen keinen Hausarzt mehr. Als Servicemodell könnten Apotheken in solchen Fällen die Triage übernehmen, ob sie selbst helfen können oder bei Bedarf den Patienten an einen Arzt überweisen. Dies ist auch finanziell günstiger als der direkte Gang zum Arzt. Hier sind jedoch auch Krankenkassen in der Pflicht, entsprechende Prämienmodelle mehr zu bewerben.

 

Wie können Apotheken die Digitalisierung für ihren Erfolg nutzen?

 

Obwohl Apotheken in ihren B2B-Prozessen bereits sehr gut digitalisiert sind (Verwaltungssysteme, Lagerroboter, Produktscreens), besteht in der Kundenbeziehung noch Nachholbedarf. Vertrauen und Kommunikation mit dem Kunden sind dabei sehr wichtige Faktoren und da muss mehr geleistet werden.

Das elektronische Patientendossier, das ab nächstem Jahr eingeführt wird, könnte hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Der Prozess zur Eröffnung des Dossiers wird zu Beginn noch recht kompliziert und wenig digital sein. Apotheken könnten dies als Service anbieten, indem sie bei der Eröffnung unterstützen, die Medikation prüfen und ins Dossier eintragen. Das EPD sehe ich daher als gute Möglichkeit für Apotheken, näher zum Kunden zu rücken.

Als kleine Apotheke im Online-Handel mit Standard-Produkten Fuss zu fassen ist sehr schwierig. Da konkurriert man mit den grossen etablierten Playern und kann mit den Preisen nicht mithalten. Jedoch stellen viele Apotheken selbst Medikamente und Gesundheitsprodukte her. Dieses Hausspezialitäten wiederum sind durchaus interessant für den Vertrieb über Online-Kanäle, da diese eine Nische bedienen und es keine unmittelbare Konkurrenz gibt.

 

Wie Greenliff der Apotheke Schaffhauserplatz geholfen hat, eine digitale Lösung für die Bestellung eines spezifischen Medikaments zu entwickeln, erfahren Sie in unserer Case Study Digitalisierung im Gesundheitswesen

 

Marcel Meier ist als Leiter Gruppen und Kettenprojekte bei der ProPharma Systems AG tätig.

Über Marcel Meier

Marcel Meier ist als Leiter Gruppen und Kettenprojekte bei der ProPharma Systems AG tätig. Seine Aufgabe ist es, innovative Informatiklösungen für Apotheken und Drogerien voranzutreiben.